| 31. Oktober 2016

PULVERAKTIVKOHLE ENTFERNT MIKROVERUNREINIGUNGEN ZUVERLÄSSIG

Gerhard Koch, Amt für Industrielle Betriebe

IN KOOPERATION MIT DEM BUNDESAMT FÜR UMWELT (BAFU) SOWIE AKTEUREN AUS INDUSTRIE UND FORSCHUNG FÜHRTE DAS AMT FÜR INDUSTRIELLE BETRIEBE (AIB) EINEN GROSSTECHNISCHEN VERSUCH ZUR WEITERGEHENDEN ENTFERNUNG VON MIKROVERUNREINIGUNGEN AUS DEM ABWASSER DURCH. DAS GETESTETE NEUE VERFAHREN IST SEHR PLATZSPAREND UND BEI GLEICHER LEISTUNG GÜNSTIGER ALS BISHER BEKANNTE TECHNOLOGIEN MIT PULVERAKTIVKOHLE.

Zum Schutz von Gewässern und Trinkwasser ist eine zusätzliche Entfernung von Mikroverunreinigungen, wie beispielsweise Rückstände von Medikamenten oder Pestiziden, seit Januar 2016 gemäss neuem eidgenössischem Gewässerschutzgesetz für grössere Kläranlagen Pflicht. Für das AIB bedeutet dies, dass voraussichtlich fünf Kläranlagen mit einer zusätzlichen „vierten“ Reinigungsstufe nachgerüstet werden müssen. Zu diesem Zweck sind Verfahren mit Aktivkohle (z.B. Pulveraktivkohle) oder das Verfahren der Ozonung geeignet.

Aktivkohle hat eine sehr poröse Struktur und damit eine hohe Oberfläche. An dieser Oberfläche lagern sich aufgrund ihrer physikalisch-chemischen Eigenschaften viele Stoffe an. So bleiben vor allem Mikroverunreinigungen, aber auch weitere organische Substanzen haften. Dies führt nebst der gesetzlich verlangten Reduktion von Mikroverunreinigungen als Nebeneffekt auch zu einer gewissen Entlastung der Gewässer vor weiteren organischen Stoffen.
 

Provisorische Lagereinrichtung (links) und Dosierstation (rechts) für die Beimischung von Pulveraktivkohle. (Quelle: AIB)

Von März 2014 bis Ende Jahr 2015 betrieb das AIB auf der Kläranlage Ergolz 1 in Sissach einen grosstechnischen Versuch mit kontinuierlicher Zugabe von Pulveraktivkohle. Die Kohle wurde dem vorgängig biologisch gereinigten Abwasser beigemischt und in einem Kontaktreaktor mit Unterstützung von Fäll- und Hilfsmitteln vorkonditioniert (Abb.1). Im nachfolgenden Sandfilter wurde die Pulveraktivkohle wieder abgetrennt. Die „verbrauchte“ Aktivkohle wurde zusammen mit dem Klärschlamm aus dem Abwasser entfernt und anschliessen verbrannt.

Prinzipschema des untersuchten Verfahrens auf der ARA Ergolz 1 in Sissach Pulveraktivkohle)(Quelle: eawag, Faktenblatt Pulveraktivkohle)

Das getestete Verfahren ist eine platzsparende Weiterentwicklung eines bereits mehrfach grosstechnisch angewandten Konzepts. Im Wesentlichen kann auf ein zusätzliches Klärbecken verzichtet werden, wodurch Baukosten eingespart werden können. Da alle Kläranlagen des AIB nur geringe Platzreserven haben, sind kompakte Verfahren von besonderem Interesse.  

Die Versuche zeigten, dass Mikroverunreinigungen mit vergleichsweise geringem Kohlebedarf reduziert werden können. Dank der kompakten Bauweise und der guten Abbauleistung steht ein sehr interessantes Verfahren für die geplanten Erweiterungen der Kläranlagen des AIB zur Verfügung. Für die Erweiterung der ARA Basel ist diese Erkenntnis bereits eingeflossen. Dort wird derzeit dieses Verfahren ergänzt mit einer Ozonung im Pilotmassstab getestet. Durch diese Kombination resultiert ein besonders wirkungsvolles Verfahren mit hoher Flexibilität und enormer Breitbandwirkung.

Durch diesen grosstechnischen Versuch konnte das AIB erstmals praktische Erfahrungen mit der vierten Reinigungsstufe sammeln. Diese Erfahrung fliesst nun in die laufenden und geplanten Erweiterungsprojekte ein und führt letztlich zu einer Qualitätssteigerung und Risikoreduktion.